26. September 2023
Seit dem Jahr 2015 betreibt die Königsberger Diakonie ein Qualifizierungs- und Beschäftigungsangebot für benachteiligte Jugendliche. Das Ziel ist es, junge Leute, die nach der Schule keinen Fuß in das Berufsleben finden, für das Arbeitsleben fit zu machen.
Das Leben im Kloster Altenberg ist weniger geworden. Vor Jahren schon hat die Königsberger Diakonie dort ihr Seniorenheim geschlossen. Auch das Café ist seit der Corona-Pandemie geschlossen. Die Hauswirtschaftsausbildung ist nach Wetzlar gezogen und die Christozentrische Communität ist ausgezogen. Selbst die Zahl der Konzerte und Veranstaltungen in der Klosterkirche sind seltener geworden. Dennoch gibt es Leben in dem einstigen Prämonstratenserkloster. Jeden Sonntag wird Gottesdienst gefeiert und die Gemeinde Solms hat das Kloster als romantischen Ort für Trauungen eingerichtet.
Seit dem Jahr 2015 betreibt die Königsberger Diakonie ein Qualifizierungs- und Beschäftigungsangebot für benachteiligte Jugendliche. Das Ziel ist es, junge Leute, die nach der Schule keinen Fuß in das Berufsleben finden, für das Arbeitsleben fit zu machen. Bisher haben fast 180 Frauen und Männer die Qualifizierungs- und Beschäftigungsinitiative durchlaufen, erzählt die Leiterin Cicek Sahin-Keskin. So wie Andreas, der drogenabhängig war, ohne Tagesstruktur lebte und sehr labil wirkte. „Unser Angebot ist für 12 Monate vorgesehen, kann aber verlängert werden. Andreas war zwei Jahre und vier Monate bei uns“, erzählt die Diplom-Sozialpädagogin Sahin-Keskin. Das lag daran, dass er acht Monate in der Psychiatrie in Herborn verbrachte. Mit der Unterstützung der Königsberger Diakonie konnte er den Hauptschulabschluss nachholen, war sogar Klassenbester. Bei dem schulischen Angebot arbeitet die Königsberger Diakonie mit der Käthe-Kollwitz-Schule in Wetzlar zusammen. Dort gibt es ein Berufsorientierungsjahr mit der Möglichkeit, den Hauptschulabschluss nachzuholen. Andreas hat anschließend ein Praktikum bei der Gesellschaft für Wirtschaftsförderung, Ausbildungs- und Beschäftigungsinitiativen (GWAB) absolviert. Dort eröffnete sich für ihn die Möglichkeit einer Ausbildung als Tischler. Nach der Lehre wurde er von der GWAB übernommen.
Solche Erfolgserlebnisse motivieren Sahin-Keskin und ihre Kollegin Barbara Holmes. Sie ist Philologin, Gärtnerin und integrative Gartentherapeutin. Die beiden erzählen von Magdalene, die bereits 24 Jahre war. Zielgruppe des Angebotes sind Jugendliche und junge Erwachsene zwischen 16 und 27 Jahren. Das Jobcenter hatte Melissa geschickt, die zunächst ablehnend wirkte. Im Kloster wurde sie fit gemacht für den Besuch der Schule. Hier lernen die Jugendlichen Mathematik, Politik, Wirtschaft. Es geht um das Erweitern des Allgemeinwissens, um Spracherwerb
Sexualkunde und Aufklärungsarbeit.
Melissa hat den Hauptschulabschluss an der Käthe-Kollwitz-Schule mit Einsern und Zweiern im Zeugnis geschafft. In Praktikas hat sie die Arbeit als Altenpflegerin kennengelernt und sich für eine Ausbildung im Haus Königsberg und im Haus Berlin der Königsberger Diakonie entschieden. Seit mehr als vier Jahren ist Melissa in der Königsberger Diakonie beschäftigt.
Insgesamt verfügt die Königsberger Diakonie über 14 Plätze in der Qualifizierung und Beschäftigung, die über das Jobcenter vergeben werden. Aktuell nehmen neun junge Leute das Angebot wahr. Es sind also nach fünf Plätze frei. „Einsteigen können die Jugendlichen jederzeit“, erzählt Sahin-Keskin. Bislang wurden die Bewerber ausschließlich über das Jobcenter angesprochen. Neu ist, dass nun auch die Königsberger Diakonie aktiv nach weiteren Teilnehmern auf die Suche gehen kann. Finanziert wird die Maßnahme übrigens aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes Hessen.
Im Kloster werden auch praktische Fähigkeiten vermittelt, etwa die Arbeit am Computer oder das Kochen. Sahin-Keskin helfen dabei, Praktikumsstellen in Betrieben zu finden und begleiten die jungen Leute auch in dieser Zeit. Derzeit haben alle Teilnehmer einen Migrationshintergrund, kommen aus Afghanistan, Bulgarien und Syrien. Vor wenigen Tagen hat eine Teilnehmerin aus der Ukraine die Maßnahme begonnen. Zu den derzeitigen Teilnehmerinnen gehört die 20-jährige Laila. Sie hat die Realschule absolviert, aber um einen Arbeitsplatz zu bekommen, müssen sich ihre Sprachkenntnisse verbessern. „Ich bin seit zwei Wochen in der Maßnahme. Ich finde es sehr schön die Möglichkeit über die ‚Qualifizierung und Beschäftigung‘ eine Ausbildung zu finden“, erzählt Laila.
19 Jahre alt ist Nargis und besucht das Projekt seit Januar. „Ich habe hier vieles gelernt, neue Wörter, kochen, Mathematik, Deutsch, Englisch und Politik“. Inzwischen hat sie bereits ein Praktikum in der Königsberger Diakonie gemacht und so Einblick in die Altenpflege erhalten.
Kontakt: Königsberger Diakonie, Qualifizierung und Beschäftigung, Robert-Koch-Weg 4a, 35578 Wetzlar.